Roman-Kritik: Der Honorarkonsul, von Graham Greene (1973, engl. The Honorary Consul) – 7 Sterne


Die Handlung klingt nach einem Krimi im nördlichen Argentinien: Es gibt eine Entführung im politischen Milieu, Schüsse in der Nacht, dramatische Cliffhanger, einen angekündigten Tod, ein Herzklopf-Ende.

Dennoch ist dies eher eine subtile Komödie, mit fein ironischen Dialogen, die man so filigran gar nicht oft liest (ich kenne nur das englische Original, nicht die deutsche Übersetzung). Liebevoll spöttisch formt Graham Greene plastische Charaktere, halb Karikaturen. Die Geschichte ist exzellent konstruiert, ohne grotesk unrealistisch zu werden, allerdings blieben für mich zwei kleinere Fragen offen.

Es gibt deutliche Graham-Greene-Momente: Ton, Personal und Ambiente erinnern einigermaßen Die Reisen mit meiner Tante, ein wenig an den (noch lustigeren) Mann in Havanna. Auch im Honorarkonsul gibt es Greenesche Gewissenskonflikte und lange, allzulange Diskussion über Katholizismus in einer öden Slumhütte.

Ungewöhnlich für Graham Greene dagegen: Er zelebriert reichlich reuelosen Ehebruch (anders als im Herzen aller Dinge hier kein Anlass zu Selbstquälerei) und ein südamerikanisches Freudenhaus. Auch über Dichter mokiert sich Greene unterhaltsam, es klingt nicht nach Nabelschau oder Konkurrenzkampf. Die Verfilmung von 1983 mit Michael Caine und Richard Gere wurde verrissen (Filmtitel Der Honorarkonsul, aber auch Beyond the Limit).

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