Rezension: Tropenkoller, von Georges Simenon (1933, auch Tropenfieber) – 7 Sterne – mit Video

Der junge Joseph Timar kommt in einem afrikanischen schwülheißen Kaff mit der ebensolchen französischen Wirtin Adèle zusammen, die schon mehrere Liebhaber vor ihm hatte. Adèle könnte für einen Mord verantwortlich sein. Flussaufwärts starten sie ein Holzunternehmen in der Wildnis (frz. Buchtitel Le Coup de lune, frei verfilmt 1982 als Équateur von Serge Gainsbourg u.a. mit Barbara Sukowa, Francis Huster).

Das heiße afrikanische Nest Libreville mit seinen weißen Desperados beschreibt Georges Simenon (1903 – 1989) sehr stimmungsvoll, samt abstoßendem Rassismus. Der Nicht-Maigret-Roman erinnert momentweise deutlich an Joseph Conrads berühmtes Herz der Finsternis – wegen der rätselhaften Umgebung, der Bootsreise ins Landesinnere und wegen des womöglich verrückten Statthalters im Dschungel.

Doch die männerfreundliche Adèle wirkt allzu verführerisch und unplausibel. Immer wieder erzählt Simenon, dass Adèle unterm schwarzen Seidenkleid nichts weiter trägt. Manche Einheimische laufen gleich ganz nackt herum, hechelt Simenon repetitiv. Die Behörden und auch Timar halten Adèle von Anfang für mordverdächtig; doch Timar verbindet sich mit ihr privat und geschäftlich, und man lässt sie im Land umherreisen. Die Gerichtsverhandlung am Schluss ist immerhin interessanter und weniger gestreckt als in Simenons Fremd im eigenen Haus, der Ausgang der Geschichte jedoch überrascht nicht.

Simenon schreibt seinen typischen, fast ruppigen Ton mit knappen Sätzen und ohne Erklärungen. Simenon erzählt personal, aber nicht völlig konsequent in der dritten Person aus Sicht Timars. Meine nicht-revidierte 1979er-Übersetzung von Annerose Melter (nicht aus der Reihe Ausgewählte Romane) befremdete momentweise, aber ich habe keinen Vergleich zum Original oder zur überarbeiteten Eindeutschung von 2010.

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