Moore schreibt intelligent witzig, originell beiläufig, manchmal dachte ich an frühe Woody-Allen-Filme. Es gibt Autoren in New York, Autoren in der Provinz und Dozenten in der Provinz, hier schreibt Moore sicher aus eigenem Erleben. Sie behandelt dabei wohlgemerkt nicht Künstlerprobleme wie Schreibblockade o.ä., sondern es geht meist um Beziehungen.
Lorrie Moore (*1957) säuselt elegant ätherisch, Dialoge und Stimmungen zählen mehr als Handlung, die Moore regelrecht zu verachten scheint – auch, indem der letzte Satz einer Geschichte oft besonders weit hergeholt und unpassend klingt. Eine kurze Geschichte besteht überhaupt nur aus Dialog über Vergangenes und Allgemeines – Ort und Handlung haben keine Bedeutung.
Passend zum Buch sagt ein Mann zur weiblichen Hauptfigur: “Everything’s a joke with you.” Vielleicht im Einklang mit der Autorin antwortet die Frau in der Geschichte: “Nothing’s a joke with me. It just all comes out as like one.”
Während die meisten Geschichten in der Mittelschicht spielen und einen betont sorglosen Ton kultivieren, behandelt das letzte Stück Krankheit, Armut und Depression, wieder unter Künstlern in New York.
Die acht nicht verbundenen Kurzgeschichten zeigen einen gewissen Übergang zwischen der frühen und der späteren Autorin Moore: In ihrem ersten Kurzgeschichtenband Leben ist Glückssache (1985, engl. Self-Help) klang Moore noch sehr schräg, fast provokativ, schrieb viele Geschichten in der zweiten Person und im Imperativ, sie spielten fast immer in New York. Diesen Stil legt Moore in Pepsi-Hotel vollständig ab – sie schreibt ordentlich in der dritten Person. Diesmal spielen die meisten Geschichten bereits in der US-Provinz, dorthin zog Moore nach dem Studium in New York.
Pepsi-Hotel (1992) unterscheidet sich aber auch von Moores späteren Kurzgeschichten-Sammlungen Was man von einigen Leuten nicht behaupten kann (1998, engl. Birds of America) und Danke, dass ich kommen durfte (2014, engl. Bark): Diese zwei letzten Sammlungen zeigen oft tragische Alltagsfiguren – Alleinerziehende mit Problemkindern, unheilbar Kranke, unsichere Frauen mit womöglich untreuen Partnern, einsame Alte.
Das Personal in Pepsi-Hotel ist dagegen weit durchschnittlicher und produziert weniger Drama – alles lebt von Moores elegantem Ton, ihren wild geschriftstellerten und doch beiläufigen Vergleichen und den oft leicht peinlichen Begegnungen. In gewisser Weise ist mir dieser Band am liebsten, weil er weniger schrill klingt als der erste und weniger sensibel verletzt und dramatisch als die späteren Bände.
Ich kenne nur die englische Originalausgabe, Like Life, und kann die Eindeutschung nicht beurteilen. Wer englisch liest, hat zu Like Life eine Alternative – den schwergewichtigen Band The Collected Stories (672 Seiten). Er soll Moores erste drei Kurzgeschichten-Bände, drei Geschichten aus der vierten Sammlung (Bark/Danke, dass ich kommen durfte) und vier Auszüge des Moore-Romans Anagrams enthalten.
Deutsche Pressestimmen:
Die Zeit (Kursivierung hier wie vorgefunden): Was ihre Figuren anstellen, ist immer rührend und lächerlich… Ergebnis harter erzählerischer Arbeit…
Frankfurter Allgemeine (über Moores Kurzgeschichten verschiedener Bände): …ihre Sprache voller messerscharfer Formulierungen und halsbrecherischer Metaphern
Carola Jeschke: Sprachspiele, Neologismen, ungewöhnliche Metaphern, das Besondere an einer Situation herausarbeitend, witzig, manchmal schief und schrill
Eva Menasse in der Welt: Eine der bezaubernd-verrücktesten Schriftstellerinnen, die ich kenne. Ihr Humor ist so schräg wie eingängig
Englische Pressestimmen:
New York Times: …insightful and moving stories… the accuracy of her observations, the lyricism of many of her descriptions and the wry view of behavior wryly expressed
Publishers Weekly: wondrously witty… With gallows humor and unfailing understanding, Moore evokes her characters’ quiet desperation
Kirkus Reviews: …characteristic glibness, wisecracking, and sarcasm… The losers-in-love are legion here… talent for quips and puns
Paris Review: remarkable ability to juggle everyday outrage and high tragedy
The Guardian über Moores Kurzgeschichten allgemein: …wisecracks, puns and jokes… Would she really rather be cute and goofy than smart?
Bill Kerwin bei Goodreads: …bleak, funny stories about lost people, written in a brisk, colloquial prose that sparkles with a wit
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