Rezension Indien-Roman: Esmond in India, von Ruth Prawer Jhabvala (1957) – 7 Sterne


Sehr viel passiert hier nicht: Eine Ehe bröckelt, eine wird mühsam eingefädelt, doch Ergebnisse bleiben aus. Ruth Prawer Jhabvala schildert den Alltag mehrerer indischer Mittelschichtfamilien trotz mangelnder Action unterhaltsam und liebevoll ironisch, mit treffenden Details und sehr indischer Atmosphäre – das Essen, die Märkte, die komplizierten Sitten und Traditionen.

Mitunter erinnert die Atmosphäre an Familien-Bollywoods der späten 60er bis frühen 90er Jahre, etwa in Hum Aapke Hain Koun…!: Mehrere indische Generationen leben harmonisch unter einem Dach in entspannter Großbürgerlichkeit und feiern viele Feste – Friede, Freude & Masala, fehlt nur ein Ensemble-Tanz im Garten unter Sternen. Deutlich auch die Parallelen zu Prawer Jhabvalas eigenem Romanerstling Amrita (1955).

Der mit einer Inderin verheiratete Engländer Esmond ist nur eine von mehreren Hauptpersonen des Romans, alle anderen sind Inder (in Jhabvalas erfolgreichem Indien-Roman Staub und Hitze, engl. Dust and Heat, von 1975 haben Engländer einen weit größeren Anteil).

Die 1957 sehr junge Autorin trug die Satire zu dick auf, die Merkmale ihres Personals wiederholt sie weitaus zu oft: Esmonds Frau Ghulab ist schlampig, riecht deutlich und isst gern sehr scharf; Ghulabs Mutter Uma hat einen markanten Knochenbau; Madhuri gilt immer wieder als „dainty“, streng und ordnungsliebend, ihr Mann Har Dayal als großherzig und diplomatisch; Schwiegertochter Indira: artig und adrett, aber ein bisschen doof.


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