Rezension Indien-Kurzgeschichten: Eine Witwe mit Geld, von Ruth Prawer Jhabvala (1986, engl. Out of India) – 7 Sterne – mit Presse-Links


Die Kurzgeschichten des Bandes Eine Witwe mit Geld (engl. Out of India) erschienen bereits in vier früheren Geschichtensammlungen zwischen 1963 und 1976 und meist auch in Zeitschriften. Prawer Jhabvala schreibt vor allem über das Leben in Delhi, seltener aus anderen Teilen Indiens; mal aus Sicht von Europäern, die in Indien leben, mal aus einheimischer Perspektive. Sie konzentriert sich generell auf die obere und untere Mittelschicht. Es gibt Anklänge an alle ihre Romane und Erzählsammlungen wie Hitze und Staub, Esmond in India, My Nine Lives oder A Lovesong for India.

Ergebenes Personal:

Ihre Hauptfiguren sind oft etwas ungewöhnlich: Mindestens sechsmal schreibt Prawer Jhabvala über Frauen, die sich ganz in den Dienst eines Mannes stellen – Inderinnen und Engländerinnen, die Gurus, Aktivisten, aber auch schlichte indische Büromenschen, sadistische Polizisten oder alte Holländer teils bis zur Selbstaufgabe verehren und Ausbeutung hin- oder nicht zur Kenntnis nehmen (das Motiv kehrt in späteren Büchern wieder). Umgekehrt scheren sich einige der weiblichen Hauptfiguren aber auch nicht um Konventionen, halten sich Lover und sogar Prawer Jhabvalas indische Witwen wagen gegen jede Erwartung das Leben zu genießen.

Man fragt sich manchmal, wie die Autorin, die auch diesen Band ihrem indischen Mann widmete, die Sache selbst sieht, aber sie schreibt kühl wertfrei. Mindestens dreimal berichtet Prawer Jhabvala auch betont lakonisch Schein- und Unheiliges aus allerlei Ashrams (ihr Roman Three Continents handelt ausführlicher von Gurus, ebenso wie einige spätere Kurzgeschichten).

Die 15 Geschichten sind in meiner englischen Ausgabe sehr gleichmäßig 16 bis 20 Seiten lang – vielleicht auch, weil sie meist mit konkreten Längenvorgaben für Zeitschriften geschrieben wurden, häufig für den New Yorker. Auch die kurze autobiografische Einleitung stand schon in einer Zeitschrift und bezieht sich nicht direkt auf die Geschichtensammlung. Meine Penguin-Taschenbuchausgabe nennt zu den Geschichten den Erscheinungsort, aber nicht das Jahr oder sonstige Umstänge.

Packend geschildert:

Die Geschichten laufen einigermaßen chronologisch und übersichtlich ab, eventuell mit überschaubaren Rückblenden. Die späteren Geschichten aus Lovesong for India wirken teils etwas raffinierter, haben aber ein überkandideltes Upper-Class-Personal.

In Out of India schreibt Prawer Jhabvala jederzeit flüssig, hochatmosphärisch mit packenden Details und säuselnd ironisch. Die Geschichten bestechen nie durch ihren Aufbau, klingen aber einigermaßen rund, vielleicht über die Buchstrecke hin etwas gleichförmig. Man kann das Ganze aber auch angenehm homogen finden – der einheitliche Stil und die recht homogenen Kulissen geben dem Buch eine Geschlossenheit, die an die Geschichtensammlung My Nine Lives erinnert, der Sammlung A Lovesong for India dagegen völlig fehlt. Nur die Kurzgeschichte An Indian Experience wirkt wie ein Sammelsurium aus Versatzstücken.

Every detail is distinct and exact…” – die Rezensionen:

Publishers Weekly:

plain, unassuming prose that doesn’t altogether conceal the tears and laughter… a glowing tapestry enriched by profound knowledge, humor and compassion

Los Angeles Times:

Many of the stories are told from particular viewpoints, in memorably individualized voices. Irony is the keynote…

New York Times:

A cool eye in a parched landscape… the most interesting part of this book of her chosen short stories, choice though they are, is her introduction…

Kirkus Review:

this warm, quick, lively collection… Strong, deeply moving stories about a country and its people… with a love compounded by irony


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