Rezension Erzählungen: Der Frauenheld, Eifersüchtig & Abendländer, von Richard Ford (1996, engl. Women with Men) – 6 Sterne – mit Presse-Links

Richard Ford bringt im englischen Band Women with Men drei längere, nicht miteinander verbundene Erzählungen oder Novellen. Auf Deutsch erschienen die Stücke als separate Büchlein: Der Frauenheld bzw. Der Womanizer, Eifersüchtig und Abendländer. Ich kenne nur den englischen Dreierpack und kann die deutschen Übersetzungen nicht beurteilen; die drei Geschichten zusammen belegen in meiner englischen Ausgabe 240 Seiten.

Der Frauenheld handelt von einem verheirateten Amerikaner aus Chicago, der auf einer Geschäftsreise nach Paris seiner Frau fast, aber nicht wirklich untreu wird. Die Ehe zerbricht trotzdem kurz darauf.

Überaus genau schildert Ford kleinste Gefühlsregungen, findet Bedeutung in mikroskopischen Dialogschnipseln. Allerdings wirken sowohl der fast untreue Ehemann wie auch seine Fast-Seitensprung-Partnerin sehr apathisch und ohne viel Lebensgeist – wie so einige Ford-Figuren außerhalb der Frank-Bascombe-Bücher. Zudem fällt der Ehemann, aus dessen Perspektive Ford erzählt, einige kaum nachvollziehbare, gravierende Entscheidungen – Dummheiten, aus denen fast zwangsläufig Unheil entstehen muss, und das hält den Leser im Bann.

Eifersüchtig spielt in der Wildwest-Einsamkeit Montanas mit Einzelgängerfiguren und anderen Wildwest-Momenten. Wieder leuchtet Ford zwischenmenschliche Beziehungen subtil aus, schildert Dialoge und Gesten analytisch. In anderen Ford-Büchern kehrt diese Montana-Provinzkulisse samt Tonfall und Jugendperspektive wieder – vor allem im kurzen Roman Wild Leben/Wildlife (1990) und im Kurzgeschichtenband Rock Springs (1988).

Die Abendländer spielen wieder in Paris mit einigen Motiven, die man schon aus Frauenheld kennt. Ein wenig erfolgreicher Autor und Ex-Dozent denkt über alte und neue Flammen nach und wirkt – wie so viele Ford-Männer – eher nicht tatkräftig. Die Geschichte könnte Motive aus Fords eigenem Leben enthalten.

Der englische Buchtitel Women with Men erinnert an den Buchtitel Men without Women – verwendet von Hemingway und Murakami für Kurzgeschichtensammlungen.

Deutsche Kritiken zur Erzählung Der Frauenheld bzw. Der Womanizer

Die Zeit:

Noch nie aber war ein Held bei Richard Ford so fad wie dieser Verwalter einer Midlife Krise

Der Spiegel:

Scheinbar mühelos treiben fast alle seine Erzählungen und Romane an der Oberfläche dahin – ihre Kunstfertigkeit ist gut verborgen.

Deutsche Kritiken zur Erzählung Eifersüchtig:

Martin Lüdke in Die Zeit:

Beeindruckend sind nicht nur der Tonfall, die handwerkliche Perfektion, die Lakonie der Dialoge, die fast fatalistische Haltung der Figuren

Berliner Zeitung (im Rahmen eines Interviews):

ein Meisterstück seiner Prosa, die, so nebenbei wie er im Gespräch davon redet, ganz lapidar daherkommt und doch machtvoll wirkt.

Deutsche Kritiken zur Erzählung Abendländer:

FAZ (die das Ende verrät):

ein an Hoffnungslosigkeit kaum zu überbietendes psychologisches Kammerspiel… ein Aufmarsch vorausdeutender Schicksalsmotive

Berliner Zeitung:

wo sein Ton sonst fröhlich changierte, formuliert Ford jetzt überraschungsarm und bisweilen äußerst angestrengt.

Focus:

Fords Amerikaner lassen kein Klischee aus: Sie essen riesige Steaks, rauchen dicke Zigarren…

Englische Kritiken zum engl. Drei-Erzählungen-Band Women with Men:

New York Times:

Richard Ford explores the closely guarded world of male ritual… superb… Ford’s hard, sharp sentences know all that is most awkward about our sex

Kirkus Review:

He here offers two grinding tales of distasteful Americans in Paris and one clone-of-Hemingway story about a boyhood in Montana.

Publishers Weekly:

Ford is a writer whose directness of utterance and keen eye is combined with a remarkably subtle sense of the human comedy

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