Rezension Kurzgeschichten: Der Geliebte des dritten Tages, von Gert Heidenreich (1997) – 7 Sterne

Erotische Mysterien steht im Untertitel, aber das realisierte ich erst, als das Büchlein eintraf.

Oweh, dachte ich da, sabbernde Altherrenphantasien, das geht in die Hose. Heidenreich dünstet jedoch weniger streng, selbstmitleidig und egozentrisch als andere deutsche Autoren (hallo Herr Treichel). Nonchalant, mild spöttisch produziert Heidenreich ein freundlich dahinplätscherndes Parlando – und sei der Inhalt noch so schwül, dazu nach nüchternem Einstieg gegen Ende eines Stücks oft noch unrealistisch bis phantastisch.

Wie ist der Stil?

Heidenreichs gepflegt heitere Erzählstimme versöhnt mit den Wunderlichkeiten der Handlung; mitunter wird er gar spannend, andere Berichte klingen nach zauberhafter Mär. Wenn ein Vergleich möglich sein sollte, dann vielleicht passagenweise mit Bodo Kirchhoff, eher jedenfalls als mit Kempowski, obwohl der teils ähnliche Milieus wie Heidenreich ins Auge fasst.

Die Stücke aus Deutschland skizziert Heidenreich mit leichter Hand, Details sind rar, sie schweben leicht über der Alltagsrealität; darum stört es nicht, dass die Geschichten schon 1997 veröffentlich wurden, einige siedeln sogar ausdrücklich in der Nachkriegszeit, oder sie klingen zumindest so.

Die Kurzgeschichten aus Nordafrika oder Frankreich enthalten teils genauere Beschreibungen – vor allem die Farbassoziationen des alternden Malers, den im Ferienhaus zwei zutrauliche Studentinnen beglücken (Brustwarzen in schwarzem Casslerbraun).

Manche Stücke enden nach ein oder zwei Seiten, andere erstrecken sich über zehn bis 20 Seiten. Mich hat die Lektüre unterhalten; doch ich hätte gern mehr längere und weniger phantastische Geschichten gelesen.

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