Kritik Biografie: Out of Isak Dinesen in Africa, von Linda Donelson (1995) – 6 Sterne – mit Video

Blixen-Biografin Linda Donelson (1943 – 2012) hat keine Wikipedia-Seite und schrieb offenbar nur dieses eine Buch. Donelson lebte ein gutes Jahr im kenianischen Ngong, also in der Gegend von Tania Blixens Farm. Donelson schreibt weitgehend nur über Blixens afrikanische Jahre, jedes Kapitel ist mit einer Jahreszahl überschrieben. Blixens frühe Jahre, Vorfahren und ihre nachafrikanische Zeit (rund 31 Jahre) beschreibt Donelson nur sehr gerafft (Tania Blixen, 1885 – 1962, ist auch als Karen Blixen und Isak Dinesen bekannt; sie lebte von 1914 bis 1931 in Afrika).

Donelson lebte um 1978 in Kenia und besuchte das Blixen-Haus öfter mit Freunden. Sie saß gern auf Blixens berühmtem Mühlstein auf der Terrasse. Die Ärztin Donelson beschreibt Gesundheit und Medikamente ihrer Hauptfiguren so genau wie möglich und kümmert sich auch ums Sexuelle im übertragenden und wörtlichen Sinn (“the rifles were erotic symbols”, S. 30; “Bror… satisfied her physical needs”, S. 102; “Denys… willing to satisfy her longings”, S. 215; “like many women at age forty-one, Karen was at the height of her sexual interest”, S. 246).

Donelson arbeitet Blixens afrikanische Jahre fast zu akribisch ab und klingt gelegentlich zu protokollartig – zumal das ewige Löwen-Abknallen –, manchmal aber auch wie eine Livereportage (“As she walked up the gangway she struggled with the leash of a large Scottish deerhound…”, S. 1). Sie zieht viele schnelle, vielleicht allzuschnelle Verbindungen zwischen Blixens späteren, nichtafrikanischen Erzählungen und Blixens Leben in Afrika. Auf den Film Jenseits von Afrika und weitere Blixen-Biografien geht Donelson kaum ein.

Gegen Ende, etwa ab 1929, schreibt Donelson geraffter, als ob sie schnell abschließen wolle. Wie so viele amerikanische Biografen nennt Donelson ihre Hauptfiguren gern beim Vornamen (“Denys and Karen generally agreed…”, Vorwort S. xxi).

Die Unterschiede zwischen den Blixen-Biografien von Judith Thurman (1982), Linda Donelson (1995) und Tom Buk-Swienty (2019)

Die Kulturjournalistin Judith Thurman beschreibt gleichmäßig Blixens gesamtes Leben bis zurück zu den Großeltern. Die Ärztin Linda Donelson und Journalist Tom Buk-Swienty schildern dagegen hochdetailliert – genauer als Thurman – Blixens afrikanische Zeit ab ihrem 28. Lebensjahr, und die Fakten unterscheiden sich in einigen Einzelheiten; Blixens frühere Lebensjahre, ihre Eltern und Großeltern sowie Blixen nach 1931 erscheinen bei Donelson nur stark gerafft, bei Buk-Swienty praktisch gar nicht.

Buk-Swienty hat das neueste und bei weitem das meiste Material in Text und Bild. Er klingt (jedenfalls in der Eindeutschung) uninspiriert. Thurman schreibt feuilletonistisch-elegant, dabei stets gut lesbar, sie will Psyche und Philosphie Blixens ergründen und behandelt Sexuelles diskret. Donelson schreibt deutlich direkter, ebenfalls gut lesbar, aber nicht so gefällig, teils fast zupackend; sie interessiert sich wenig für Philosophie und Psychologie allgemein, äußert sich aber weit deutlicher zu Ehedynamik, Sexuellem und Blixens Gesundheit, vor allem die vermeintlichen Syphilis-Symptome.

Thurman sieht die großen Linien, während die fast protokollartigen  Schilderungen bei Donelson und Buk-Swienty teils ermüden. Die zwei Biografinnen ziehen Parallelen zwischen Blixens Leben und den Erzählungen, die sie neben Out of Africa schrieb – dabei ist Thurman ausführlicher und wohl auch tiefgründiger, während Donelson viele kurze, schnelle Parallelen anführt. Buk-Swienty kümmert sich wenig um Blixens literarisches Schaffen abseits ihrer Afrikabücher.

Donelson schrieb später als Thurman und erklärt, ihre Biografie korrigiere frühere Falschdarstellungen. Wen oder was sie damit meint – vielleichtThurman -, sagt sie nicht, und Thurmans Buch spielt bei Donelson kaum eine Rolle (es erscheint als Quelle). Buk-Swienty weist wieder auf Biografenfehler und auf Erfindung in Blixens Out of Africa hin, geht aber nicht auf die Verfilmung ein.

Nur Buk-Swienty sagt ein bisschen über die Zeit nach Blixens Tod. Alle bringen einen Stammbaum und Fotos – Buk-Swienty weitaus die meisten; nur Donelson hat eine Zeittafel für Blixens afrikanische Jahre mit/ohne Finch Hatton.

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