Filmkritik: Der dritte Mann (1949, mit Orson Welles) – 7 Sterne – mit Video

Der Klassiker ist in ganz erlesenem Schwarzweiß gedreht – perfekte Kontraste, markant, schön arrangierte Einstellungen, fast jede Szene wie eine Postkarte oder ein Standbild (Regie Carol ReedCarol Reed, Kamera Robert Krasker). Das sieht auch heute noch sehr gut aus, viel besser als sagen wir Billy Wilders schwarzweißer Sunset Boulevard von 1950.

Allerdings wirken die Szenen im Dritten Mann mitunter zu dramatisch und expressionistisch aufgepumpt: Hände greifen aus einem Abflussgitter vergeblich nach dem Himmel, große Teile spielen in dunkel-nächtlichem Wien mit monströsen Schatten, Gegenlicht gleißt, die Oscar-prämiierte Kamera steht laufend sinnlos schräg.

Diese zu aufdringliche Dramatisierung erschlägt Graham Greenes kühle, lakonische Dialoge und den Greene-typischen moralischen Konflikt der zwei Hauptfiguren, gespielt von Joseph Cotten und Alida Valli. Orson Welles wirkt wenig eindrucksvoll. Die berühmte Zither-Musik von Anton Karas schrammelt viel zu oft und klingt für mich nicht nach Wien. Immerhin zeigt der Film die obligaten Greeneschen Grübeleien zur Religion nur sehr knapp (leider konnte ich nur die deutsch synchronisierte Fassung sehen).

Das Ende weicht vom Greene-Skript ab und hat mich trotzdem sehr überrascht. Greenes Geschichte vom Dritten Mann samt Greene-Vorwort zur Filmproduktion gibt es als Novelle auf Deutsch und Englisch zu kaufen. Und diese Erzählung gefällt mir besser, weil sie nicht so aufdringlich dramatisiert.


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