Buchkritik: Cuba Linda, von Hans Herbst (Kurzgeschichten 2002) – 7 Sterne

Die Kurzgeschichten erzählen geruhsam, melancholisch und hochatmosphärisch von Begegnungen auf Kuba offenbar in den 90er Jahren. Oft spürt man den Schmerz demütigender Armut, politischer Unterdrückung und brutaler Verfolgung – insgesamt ein bedrückendes Buch. Weiteres Hauptthema ist traditionelle Musik. In manchen Stücken tauchen gar keine Europäer auf, in anderen nur als Nebenrolle; typische Touristenthemen wie Hotels, Transportwege oder Cocktails am Pool gibt es ohnehin nicht.

Auf seinen Kuba-Reisen tauchte Hans Herbst offenbar tief ein, lebte illegal bei einer Familie, freundete sich immer wieder mit Musikern an, lernte Frauen kennen. Die Mehrzahl der daraus entstandenen Kurzgeschichten ist gut komponiert und rund.

Ein paar Texte aus Cuba Linda wirken auch zu flüchtig hingewischt, fragmentarisch, sie mischen Themen, lassen Fragen offen; hier denkt man eher an Reiseberichte mit Lektoratsbedarf als an Literatur. Generell erscheint Herbsts wiederkehrende Sympathie für die einfachen Leute und ihre traditionellen Lieder etwas aufdringlich, ebenso seine Abneigung gegen alles Moderne (Baseballkappen, Rap, Dollarkubaner). Herbsts Erzählungen-Band Siesta (1984) verglich der Playboy einst mit Hemingway und Chandler; so weit würde ich bei Cuba Linda nicht gehen, zumal die Frauenbegegnungen flüchtig und die Unterdrücker eher im Hintergrund bleiben; doch in den besseren Stücken beweist Herbst eine souveräne, männliche Erzählstimme, die nie ins Labern gerät (hier weit besser als in Siesta).

Ich hatte die schön ausgestattete Pendragon-Hardcover-Ausgabe von 2009. Allerdings verzichtet sie völlig auf die Akzente der korrekten spanischen Schreibweisen, so heißt es zum Beispiel stets “Holguin” statt “Holguín” – schlecht; die Tilde über dem n blieb jedoch erhalten. Das Nachwort von Bernd Lassahn ist total locker und entspannt; was es soll, weiß ich nicht.

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