Rezension Bollywood-Oldie, Gangsterdrama: Deewaar (1975, mit Amitabh Bachchan, Shashi Kapoor) – 8 Sterne

Amitabh Bachchan als angry young man – nie war er packender als hier in Deewaar (auch “Deewar” geschrieben). Regisseur Yash Chopra produzierte ein intensives, dicht gepacktes, straffes Gangsterdrama voller Action, Moral, Wendungen, Sozial- und Moralkonflikte.

Der Film spielt teils fast realistisch in Armenvierteln. Die dramatischen Auseinandersetzungen auf persönlicher und sozialer Ebene kontrastiert Regisseur Yash Chopra zeitweise mit betont süßem, harmlosem Liebesglück, untermalt von den wenigen Songs des Films.

Er ist der Superstar des Films:

Deewaar-Ãœberstar ist der enorm lässige, brutalstmöglich coole junge Amitabh Bachchan – vielleicht der einzige Bollystar, der nachts eine Sonnenbrille tragen kann, ohne komplett affig zu wirken. Er schwitzt Gravitas aus allen Poren und lächelt nur, wenn er mal wieder mit dem Tod bedroht wird.

Ein Blog-Rezensent über Bachchan (wohl nicht mehr online):

“Even when he’s not speaking a single word, one can feel the intensity, the electricity and the sheer voltage.”

Ein anderer (wohl auch offline):

“A true, unadulterated, powerhouse performance unparalleled in Hindi cinema. Vijay’s silent anguish abruptly transmutes to violent eruptions, literally burning up the screen with intensity, anger, brutality, vulnerability and gritty resolve.”

Zu den anderen Darstellern:

Shashi Kapoor, sonst meist Sonnyboy, erscheint hier teils hölzern – vielleicht gehört das in Indien zu einer positiven Polizistenrolle. Einen starken, allerdings melodramatisch klischeebeladenen Eindruck macht Nirupa Roy als gläubige Film-Mutter.

Die Freundinnen der beiden gegensätzlichen Brüder haben dagegen kaum Oooomph, sie erscheinen eher als süße Knuddelmäuse. In ihrer kindlichen Naivität verschaffen sie etwas Erholung vom dauernden verbissenen Männergetue.

Ein Erfolgsfilm:

Deewar sammelte 1975 reihenweise Filmfare-Auszeichnungen – aber nicht für Hauptdarsteller Amitabh Bachchan. Im selben Jahr erschien noch Sholay, ein weiterer Bollywood-Klassiker mit Big B als “angry young man”; Sholay ist heute bekannter, bekam aber damals weit weniger Preise.

Erstaunlich, dass Yash Chopra neben all seinen unpolitischen, eskapistischen Schmalzfilmen von Kabhi Kabhie über Lamhe und Silsila bis Dil To Pagal Hai und Veer Zara solche Actionkracher voller politischer und moralischer Untertöne inszenierte (wenn auch die Bösewichte mal wieder wie Parodien ihrer selbst auftreten). Salim-Javed lieferten ein wohlkonstruiertes Drehbuch, das kein Happy End erlaubt.

Die poetischen Dialoge klingen wohl auch in Hindi weit besser als normaler Straßensprech. Allerdings fallen die Autoren teils zu stark in Klischees, auch beim Finale im Tempel und beim Bodycount.

Das Deewaar-Team mit Yash Chopra, Amitabh Bachchan und Salim-Javed legte 1978 noch den recht ähnlich gestrickten Film Trishul nach – nicht schlecht, aber nicht so durchschlagend wie Deewaar.

Freie Assoziationen zu anderen Bollyfilmen:

  • Ram Lakhan, wegen des ähnlich gegensätzlichen Brüderpaars samt gläubiger Mutter
  • Company, wegen der Kriminalität im Armenviertel

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