Rezension Bollywood-Komödie: Hera Pheri (2000, mit Akshay Kumar) – 7 Sterne

Flotte, intelligente Komödie im staubigen Kleine-Leute- und Ganoven-Milieu, die viele Preise holte, auf einigen Listen mit den besten Bollywoodkomödien erscheint und derzeit bei IMDB fulminante 8,5 Sterne in der Zuschauerwertung erhält. Die Straßen, Wohnungen und Statisten wirken hier lebendiger und echter als in vielen anderen Bollywoodproduktionen (Bollywood als Genre, nicht als Drehort gemeint, denn Phera Heri entstand nicht in Bombay, obwohl es dort spielt).

Over the top:

Die Schauspieler übertreiben kräftig, die meisten überzeugen gleichwohl, vor allem Paresh Rawal (der hier mehrere Preise erhielt) und der sonst oft nervtötende Akshay Kumar. Auch Om Puri gefällt, trotz Klebe-Schnurrbarts, in einer Klamaukrolle.

Schade um Tabu jedoch: Die sonst so überzeugende, in sich ruhende Schauspielerin gibt eine verstockte Kratzbürste mit Hornbrille und spielt viel zu holzgeschnitzt. In einem Tanz zeigt sie sich dann umgekehrt als quietschiges Mädel, im zweiten Filmteil verschwindet sie. Anu Malik liefert seine typische, synthetisch-herzlose Fließbandmusik ab, die Kamera zeigt sehr schöne Einstellungen. Glamour und Liebe sieht das Drehbuch nicht vor.

Einige Songs fügen sich überhaupt nicht ins Ganze, so die dämliche Nummer mit Tanzbombe Namrata Shirodkar. Regisseur Priyadarshan sagte, diese Stücke seien vom Produzenten gegen seinen Willen und teils ohne sein Wissen eingefügt worden.

Pfiffige Dialoge:

Auch wenn das Ganze häufig wie eine alberne, grenzdebile, dick-und-doofe Komödie aussieht, habe ich oft über die knackigen Dialoge gelacht, die mit teils schwarzem Humor Schwachstellen im indischen Alltag aufspießen. Allerdings: Es gibt anstrengend viel Dialog, man muss die Untertitel laufend im Auge behalten. Wer Hindi versteht, hört gewiss noch viel mehr Witz heraus.

Zur Mitte hin wird die Handlung leicht unübersichtlich, wenn Akshay Kumar seine Filmmutter täuschen will und damit fast auch das Publikum verwirrt. Die Betrugspläne der Hauptfiguren geraten zudem immer konfuser. Am Ende nimmt Hera Pheri mehrere dramatische und sehr unterhaltsame Wendungen.

 

Parallelen zu anderen Filmen:

  • Tabu und Paresh Rawal in einem Film, das gibt es auch bei Cheeni Kum; dort spielt Rawal zu komödiantisch, Tabu als seine Tochter indes um so besser
  • Akshay Kumar im Dauer-Zank mit einem WG-Genossen, dieses Szenario kehrte 2004 wieder in der nun wirklich doof-dreisten, schamlos unterhaltsamen David-Dhawan-Klamotte Mujhse Shaadi Karogi
  • Milieu und Kleine-Leute-Atmosphäre erinnern teilweise an Chachi 420 (1997) von Kamal Hassan, und auch dort gibt es einen ulkigen und gewissermaßen kurzsichtigen Kleinbürger-Vermieter
  • Und natürlich: Regisseur Priyadarshan hat wieder einen erfolgreichen Südindien-Film in Hindi aufbereitet, diesmal den Malayalam-Hit Ramji Rao Speaking. Schon die Vorlage ist nicht schlecht, entstand aber eindeutig mit weniger Geld und die Schauspieler Mukesh, Innocent und Rekha (nicht die Bollywod-Diva) wirken weniger markant, die Kamera bietet nichts Besonderes. Die Hindi-Version hat mehr Energie, macht mehr aus dem Drehbuch und das Haupt-Trio ist besser differenziert, zudem mit weniger südindischen Schnauzbärten und Herrenminiröcken ausstaffiert

Die Phortsetzung Phir Phera Heri mit dem schon bekannten Männertrio und Autor, aber neuem Regisseur (diesmal Autor Neeraj Vora selbst), kenne ich nicht – die Vorschau wirkt allzu schrill, in Indien lief dieser Film (darum?) gut. Ein dritter Teil wird hier und dort vorhergesagt, scheint aber derzeit nicht zu existieren.



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