Bollywood-Film: Chalte Chalte – Wohin das Schicksal uns führt (2003, mit Shah Rukh Khan, Rani Mukerji) – mit Video – 4 Sterne

Dieser Film hat viele Schwächen, darunter langweilige Lieder (von Jatin-Lalit), extrem flache Dialoge (zumindest in der deutschen Synchronisation) und auch sonst ausgetretenste Klischees. Der Ehestreit entzündet sich ausgerechnet an falsch abgelegten Schuhen und Handtüchern.

Die Mykonos-Athen-Episode ist hübsch anzuschaun, doch dafür muss der Betrachter einen besonders unrealistischen Ablauf schlucken; u.a. die “Autofahrt” von der Insel Mykonos nach Athen aufs Festland, und das in einem offenen Kabrio, obwohl der Athener Flughafen angeblich wegen Schlechtwetters gesperrt ist.

So agiert Shah Rukh Khan:

Im ersten Teil gibt Hauptdarsteller Shah Rukh Khan seine Standardnummer vom verliebten Lausbub, der die Angebetete (Rani Mukherji) so lange zwangs-charmiert, bis sie ergeben seufzend die Seine wird. Viel prächtiger spielt Khan diese Rolle allerdings in Dilwale Dulhania Le Jayenge – Wer zuerst kommt, kriegt die Braut oder, satirisch, in Ein göttliches Paar – Rab Ne Bana Di Jodi.

Im künstlich hochdramatisierten zweiten Teil dackelt Superstar Khan gar zu sehr, er wimmert, lässt Lippen zittern und den Kopf wackeln, er drückt so aufdringlich auf die Tränendrüsen, dass man, will man mal wieder zu Shah Rukh Khan abheulen, lieber “Kabhi Khushi Kabhie Ghum” oder “Kal Ho Naa Ho” einschiebt.

King Khan gibt im ersten Teil einen unterhaltsamen Vorort-Stenz. Doch man nimmt ihm – natürlich wieder gewandet in schmuckste Kreationen von Modemacher Manish Malhotra – keinesfalls den hart arbeitenden Brummikapitän und Kleinunternehmer ab.

Der abgesägte Fast-Verlobte und Weiterhin-Freund Samir wirkt dagegen so mausgrau gekleidet und untertourig dauer-blass, dass man einen Arzt rufen möchte; lustig oder ergiebig ist er aber nicht. Wissen sollte man auch, dass im Film viele durchschnittliche Lieder, aber nur wenig große Tanzszenen vorkommen – und das, obwohl Star-Choreographin Farah Khan auf der Namensliste erscheint.

Am Ende bleibt manches unvollständig:

  • Rajs existentielle Geldprobleme sind ungelöst.
  • Im tränenreichen Showdown am Flughafen sprechen die beiden Protagonisten von zwei Kindern, die sie gern (gehabt) hätten; doch nach der Wiedervereinigung sieht man die Kinder nicht, hier hätte ich mir zumindest noch eine “dream sequence” oder ein “5 years later” mit zwei süßen Rackern vorgestellt.

Nach indischen Presseberichten hatte das Filmstudio “Dreamz Unlimited”, an dem Shah Rukh Khan beteiligt war, mit “Asoka” und “Phir Bhi Dil Hai Hindustani” zwei verlustreiche Flops gelandet. “Chalte Chalte” war darum als risikofreier Gewinnbringer konzipiert – Shah Rukh Khan musste nur kräftig schäkern und wimmern.

Erste Wahl für die Hauptdarstellerin war offenbar Rani Mukerji; sie hatte jedoch keine Zeit und außerdem mit “Saathiya – Sehnsucht nach dir” gerade erfolgreich ein ähnliches Ehedrama verfilmt (in dem Shah Rukh Khan kurz auftaucht). Gebucht wurde darum Schönheitskönigin Aishwarya Rai; deren Ex Salman Khan marodierte jedoch im Filmstudio, weil er seine Holde nicht so nah an Shah Rukh Khan heranlassen wollte. Daraufhin verlor Rai den Job und Mukerji sprang doch noch ein.

Wer Alternativen zu “Chalte Chalte” sucht, ist tatsächlich mit “Saathiya” oder dessen Tamil-Vorlage “Alai Payuthey” besser bedient: Realistischer, trotzdem sehr schöne Bilder, tolle Musik von A.R. Rahman und in “Saathiya” auch mit Rani Mukerji.

Meine zwei Lieblingsszenen in “Chalte Chalte”:

  • Raj und Priya düsen gutgelaunt im Laster gen Bombay. Dabei trällern sie ein fröhliches Lied (Video direkt oberhalb), pausieren mal zum Büffelwaschen oder Zuckerrohrstibitzen, sie versprühen prima Laune, die Sonne scheint und die Landschaft beeindruckt: schönes Bollywood-Wohlfühlkino.
  • Raj will die bereits in eine Seitenstraße abgehende Priya noch nach ihrer Telefonnummer fragen. Doch Priya ist so weit entfernt, dass Raj erst zu einem in der Mitte stehenden Polizisten rufen muss, der ruft dann weiter zu Priya, Priya ruft zurück zum Polizisten, der wieder zu Raj, Raj versteht nicht richtig, er ruft also zurück zum Polisten, der gibt’s weiter an Priya, und Priya… – ein unterhaltsames Ping-Pong in den Straßen von Bombay.

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