Rezension Afrika-Natur-Doku: Mythos Kongo (2014) – mit Video – 7 Sterne

Die Dokumentation folgt dem Kongofluss durch Zentralafrika – in sehr großen Sprüngen. Es geht also nicht um ein Land, sondern um das Gewässer, das in Sambia entspringt, lange durch die Demokratische Republik Kongo fließt und in den Atlantik mündet.

Starke Eindrücke:

Einige seltsame Kreaturen wie den Schuhschnabel-Vogel sehen wir zunächst nur stückweise – ein Auge, die Füße, den Schnabel. Die Doku hat auch attraktive Luft- und Unterwasseraufnahmen. Die Tierszenen sind exzellent, die Begegnungen und Erlebnisse der Tiere im Busch wirken fast schon inszeniert, wie scripted reality: das Belauern, das Fressen und Gefressen-Werden, das Weiterziehen im Busch.

Die Tiere erscheinen hier aus nächster Nähe, besser als im Zoo, scharf, persönlich und farbsatt. Einmal setzte sich der riesige Schuhschnabel sogar auf sein Boot, erzählte Film-Macher Thomas Behrend der Hörzu, und der Gründer von Blue Planet Film hielt mit der Kamera drauf. Interessant sind auch die Begegnungen mit Affen und ihren sehr unterschiedlichen Charakteren – im Film erscheinen Gruppen von Gorillas, Schimpansen und Bonobos.

Politik spielt keine Rolle:

Thomas Behrend zeigt indes praktisch nur Tiere: Menschen sieht man lediglich sekundenweise als malerische Silhouetten oder in der Masse. Politik spielt gar keine Rolle: Rohstoffe werden nicht erwähnt, außer dass Mineralien im Boden gut für Elefanten sind, die zu viel Tannin-haltiges Blattwerk intus haben.

Die Orte Kisangani und Kinshasa, die am Kongofluss liegen, nennt Behrend nur am Rand. Gar nicht im Manuskript stehen die Länder Republik Kongo und Angola, deren Grenze der Kongofluss bildet. Länderumrisse erscheinen auch nicht auf der mehrfach gezeigten 3D-Landkarte; dort ist allerdings auch der Fluss selbst nur schwer zu auszumachen. Der Kongo wirkt isoliert, fast wie auf einem menschenleeren Planeten.

Effekthascherei:

Den Film gibt es auf Bluray, ich habe die zweiteilige Arte-Austrahlung gesehen; so entging mir das 45minütige Making-of, das auf der Bluray auch enthalten ist. Der Film erinnert in technischer Qualität und Konzept etwas an die Mississipi-Doku Ol’ Man River.

Der Kongo-Bericht dramatisiert jedoch mit allen abgehangenen Mitteln der Branche: Rasante Drohnenflüge durch Baumwipfel, Zeitrafferwolken, klebrige oder einpeitschende Synthesizermusik (Oliver Heuss), Zeitlupe, Superzeitlupe und Zeitlupe-Normaltempo-Wechsel innerhalb eines Takes fast schon Matrix-artig, künstlich klingende Nachvertonung sogar mit Hall (Norbert Schlawin), Sprecher Christian Brückner raunt wichtigtuerisch, Google-Earth-Planetenoptik.

Ohne diesen Budenzauber und die Effekt-Kraftmeierei, dafür mit mehr menschlichen Darstellern, würde die Doku mehr ansprechen.


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